Ernst Lauermann, Wolfgang Maresch: Seinerzeit in Stockerau. Bilder und Geschichten – 1930 bis 1990

Ernst Lauermann, Wolfgang Maresch: Seinerzeit in Stockerau. Bilder und Geschichten – 1930 bis 1990

Mit Geschichten und Anekdoten von Valerie Berger, Gustav Hanke und Wolfgang Sommer. Unter Mitarbeit von Gabriele Redl (Stadtarchiv)

Edition Winkler-Hermaden, 2022

132 Seiten mit zahlreichen Abbildungen, Hardcover

ISBN 978-3-9504937-7-1

Euro 24,90

www.edition-wh.at

Es war einmal ein Lockdown, und die Bürger*innen von Stockerau begannen sich zu erzählen. Nicht am Stammtisch, der ja nicht zugänglich war und der auch nicht mehr ganz zeitgemäß wäre. In den sozialen Medien – auf Facebook – begannen sie, Geschichten und Bilder aus „Seinerzeit“ hochzuladen.

Ernst Lauermann hatte, gemeinsam mit dem Verleger Winkler-Hermaden, die Idee, aus dem Material und mit dem Netzwerk ein „Seinerzeit“ – Buch zu machen. Bilder und Geschichten von 1930 – 1990 über eine Seite von Stockerau werden versammelt, die noch kaum gezeigt und erzählt wurden. Es geht nicht um Geschichtsforschung, auch nicht um Archäologie, dem eigentlichen Metier von Autor Lauermann. Es geht um die erzählte und um die von den Stockerauer*innen erlebte Geschichte.

Lauermann und Wolfgang Maresch haben Regie und das Management der Bebilderung übernommen. Herausgekommen ist eine wunderbare Zeitreise, die subjektiv erzählt und mit großartigem Bildmaterial unterlegt ist. So eine Zeitreise in das „Seinerzeit“ birgt auch immer die Gefahr der Verkitschung und Verklärung. Lauermann ist sich dessen bewußt und auch kritisch genug, das zu vermeiden.

Die Stadtbewohner*innen und alle Interessierten erfahren manches von Ständestaat und Nazizeit. Erschütterndes Bildmaterial zeigt  Juden, die auf der Straße knieen und den Boden waschen, umstanden von aufgehetzten Bürger*innen, die kurz vorher noch Nachbarn und Freunde waren. Zu Wort kommen im Buch die Stimmen, die Gutes getan oder Böses erlitten haben. Die Täter waren die anderen und werden nicht namhaft gemacht. Lauermann will, wie im Vorwort mitgeteilt, niemanden verletzen oder verheilte Wunden wieder aufbrechen. Es ist verständlich, weil nicht die Intention dieser Arbeit.

Dann folgen die 1950er Jahre, die 60er, die 70er und schließlich die 1980er Jahre. Alles ist da, die ersten Erfolge der Wiederaufbaugeneration, die katastrophalen Bausünden der 60er und 70er, die sportlichen Höhenflüge, die politische Aufteilung der Welt zwischen Rot und Schwarz, die erfolgreiche Wirtschaft, die Arbeiterstadt und die Popkultur. Erlebnisberichte von Zeitzeugen, mit viel Frische und Humor vorgetragen, öffnen ein großes Fenster auch in die Frühzeit der eigenen Lebensspanne. Unverhofft stellen sich Erinnerungen ein und mit Erstaunen ist wahrzunehmen, was nicht alles bereits Geschichte geworden ist.

Es ist ein Erinnerungsbuch im besten Sinne, wohl geeignet, sich in seiner Stadt zu erden, aber auch herzuzeigen, wie die letzten drei Generationen Stockerau zu dem gemacht haben, wie es heute ist. Von Interesse wäre etwas mehr an Information über Co-Autor Wolfgang Maresch, dessen Anteil am Buch kaum kommuniziert wird.

RE

Schlagwörter:

Hinterlasse einen Kommentar